AV-LEAD-Geschäftsführer Robin Auer im Interview über zukünftige Chancen in neuen Märkten.
Sophie Schmidt: Herr Auer, wie haben Sie das aktuelle Jahr in der Expansionsbranche erlebt und wie schätzen Sie das derzeitige wirtschaftliche Umfeld ein?
Robin Auer: Es war ein sehr wechselseitiges Jahr. Die erste Jahreshälfte war geprägt von starkem Wachstum, fast schon einer Euphorie über das Ende der Corona-Pandemie. Dann kam der Krieg in der Ukraine und das ökonomische Umfeld änderte sich rasant. Am stärksten belastet unsere Partnerunternehmen die Inflation, also ein Thema, welches sich jahrelang in Vergessenheit befand. Jetzt sehen wir wieder eine Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation, der Tiefpunkt scheint aus heutiger Sicht überwunden.
Haben die wirtschaftlichen Unsicherheiten Auswirkungen auf den Wunsch, mit einer Firma in ein anderes Land zu gehen?
Auer: Das unterscheidet sich sehr stark nach Branche und Standort des Unternehmens. Wir beobachten aber vermehrt, dass sich zwei Lager bilden. Das eine wirkt wie gelähmt bei den schlechten wirtschaftlichen Nachrichten, die uns tagtäglich erreichen. Obwohl das alles relativ ist, die eingetrübte Stimmung spiegelt sich nämlich nur zum Teil in den ökonomischen Daten wider. Sie zieht sich jedenfalls zurück, hat Angst und geht kein Wagnis ein. Die andere Gruppe hingegen sieht die aktuelle Situation als Chance und bereitet sich auf das kommende Wachstum vor. Um das Risiko zu diversifizieren und neue Chancen zu ergreifen, möchte sie unbedingt weitere Standbeine in ausländischen Märkten aufbauen und dort Aufträge erhalten. Es ist überflüssig zu erläutern, welcher dieser beiden Gruppen sich langfristig im Wirtschaftsleben durchsetzen wird.
Sie rechnen also mit zukünftigem Wirtschaftswachstum?
Auer: Selbstverständlich. Jede Krise wurde bis jetzt immer von einer Phase des Wachstums abgelöst. Diese dauert dann typischerweise westlich länger als die Schwächephase und gleicht den Rückgang wieder mehr als aus. Sowohl in Ost- als auch in Westeuropa wird man davon profitieren. Unsere ausgewählten 5 Zielmärkte sind prädestiniert für überdurchschnittliche Wachstumsraten. Wir expandieren mit Kunden derzeit nach Österreich, Deutschland, Tschechien sowie in die Schweiz und Slowakei und verschaffen auch Aufträge in diesen Ländern.
Was erwarten Sie konkret für die nächsten Jahre?
Auer: Nach einem verhaltenen Jahr 2023, das eher durch Stagnation geprägt sein wird, erwarten wir für das Jahr darauf wieder anziehende Dynamik in der Weltwirtschaft. Diese These unterstützen ebenso die meisten Wirtschaftsforscher. Der springende Punkt ist aber: Wer 2024 vom Aufschwung profitieren will, muss jetzt expandieren. Wenn erst mit der Masse in neue Märkte gegangen wird, ist der Konkurrenzdruck wesentlich höher und die Erfolgsaussichten geringer. Wie im Leben ist es auch im Geschäft manchmal wichtig, gegen den Strom zu schwimmen und antizyklisch zu handeln. Die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass in der Vergangenheit solide gewirtschaftet wurde und genügend Kapital vorhanden ist, um ein solches Expansionsvorhaben komfortabel durchführen zu können.
Gilt das auch für ukrainische und russische Unternehmen?
Auer: Mit russischen Unternehmen arbeiten wir derzeit nicht zusammen. Auch, weil diese von öffentlichen Vergaben ohnehin praktisch ausgeschlossen und somit die Chancen auf Aufträge von staatlicher Hand stark eingeschränkt sind. Bei privaten Auftraggebern sehen wir ebenso große Zurückhaltung. Das erschwert unsere Arbeit bei der Auftragsvermittlung. Bei ukrainischen Firmen beobachten wir seit Kriegsbeginn einen umso stärkeren Drang, sich Richtung Westen zu orientieren. Wir vermitteln Aufträge im zentraleuropäischen Raum, also in Deutschland, Österreich, Tschechien sowie der Schweiz und Slowakei. Sowohl öffentliche Ausschreibungen als auch private Verträge in allen Branchen. Mit Großhändlern und -abnehmern stellen wir ebenso Kontakte her, um einen Produktvertrieb im Ausland zu ermöglichen. Wir kümmern uns hierbei also um den Export auf B2B- und manchmal auch B2C-Basis. Gerade im Bereich der Lieferleistungen wurden so schon viele lukrative Geschäfte ermöglicht. Für diese Firmen gleichen wir so den massiven Auftragseinbruch im Heimatland aus, sodass ein Weiterbestehen ermöglicht wird. Das machen wir natürlich für Unternehmen aller Herkunftsländer.
Sie haben den Bereich der Auftragsvermittlung erwähnt. Ist das ein Thema, welches zunehmend an Bedeutung gewinnt?
Auer: Definitiv, ja. Wir sehen starkes Interesse daran, Produkte gerade in den deutschsprachigen Raum zu exportieren. Speziell für Unternehmen aus Osteuropa ist dies Dank des hohen Preisniveaus interessant. So können bessere Preise als im Heimatland durchgesetzt werden, das steigert Gewinne. Ein weiterer Vorteil ist, dass kein separater Unternehmensstandort im Ausland aufgebaut wird, sondern nur in das Ausland exportiert wird. Das reduziert Kosten und Risiko. Wir führen für unsere Kunden dabei die Vermittlung des passenden Auftrags durch, beraten diese strategisch, beseitigen rechtliche und bürokratische Hürden und übersetzen auch die vollständig die Kommunikation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer.
Wie sieht die Lage bei Privatpersonen aus, orientieren sich diese auch verstärkt Richtung Westen?
Auer: Bei Privatpersonen, insbesondere aus Osteuropa, erkennen wir nach wie vor einen ungebrochenen, starken Trend, in den Westen auszuwandern und dort ein neues Leben zu beginnen. Das ist nicht weiter verwunderlich, die wirtschaftliche Lage in Osteuropa gestaltet sich aktuell bekanntlich noch etwas schwieriger als bei uns. Für Auswanderer nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz bedeutet das vor allem ein wesentlich höheres Gehalt und viele finanzielle Anreize. Auch mit nur wenig Deutschkenntnissen können wir Menschen einen Job im deutschsprachigen Raum vermitteln. Gerade in der Logistikbranche herrscht bei unseren Partnerunternehmen bei Bürojobs derzeit starker Personalmangel und hoher Bedarf nach ausländischen Arbeitskräften. Chancen gibt es also wie immer genug, man muss sie nur ergreifen.
Was würden Sie Unternehmen auf dem Weg geben, die jetzt nach Deutschland, Österreich, Tschechien oder in die Schweiz und Slowakei expandieren wollen?
Auer: Planen Sie sorgfältig und erarbeiten Sie eine Strategie. Bereiten Sie sich also auf die Expansion vor. Dazu gehört auch, den angestrebten Absatzmarkt in- und auswendig zu kennen und die einheimischen Konsumenten wirklich zu verstehen. Kalkulieren Sie realistisch. Bauen Sie sich schon im Vorhinein Netzwerke auf und finden Sie möglicherweise schon erste Käufer. Kümmern Sie sich um exzellentes Personal und engagieren Sie nicht nur Mitarbeiter, die Sie schon aus Ihrem Heimatmarkt kennen. Und das Wichtigste bei all der Arbeit: Haben Sie auch Spaß daran. Entdecken Sie etwas Neues und ergreifen Sie Chancen. Wenn Sie dabei Unterstützung benötigen, melden Sie sich bei uns. Wir helfen Ihnen gerne und sorgen dafür, dass Sie in dem neuen Markt erfolgreich sein werden und Sie nicht Ihr Geld aus dem Fenster geworfen haben.
Das Interview wurde am 10. Oktober 2022 von Sophie Schmidt auf Deutsch geführt und in verschiedene Sprachen übersetzt.
Robin Auer ist in Wien geboren und aufgewachsen. Der studierte Betriebswirt war beruflich für diverse Finanzinstitute und im Bereich der Aktienanalyse tätig. Dank seiner Aktivitäten in der Politik ist er bestens vernetzt. Gemeinsam mit seiner Partnerin Aneta Vrabelova gründete er das Consultingunternehmen AV-LEAD. Dieses unterstützt Firmen und Privatpersonen dabei, nach Ost- und Zentraleuropa zu expandieren und dort Aufträge zu erhalten.
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